Wein hat oft ein elitäres Image. Nerds, die über Wein sprechen und Begriffe verwenden, die man noch nie gehört hat. Auch ich komme in meinen Weinbeschreibungen nicht ganz ohne sie aus, auch wenn ich versuche sie sehr einfach zu halten. Deswegen erkläre ich sie hier:
Heute: Welche Qualitätsstufen gibt es bei deutschen Weinen und was bedeuten sie?
Hach, wenn das so einfach wäre 🙂
Hier hat sich in den letzten Jahren so viel getan. Doch seit 2021 gibt es eine Reform des deutschen Weingesetzes, die letztendlich die langjährige Praxis des VDP (siehe unten) übernommen hat: Die Herkunftspyramide. Gerade bei trockenen Weinen wurde die alte Klassifizierung (Kabinett, Spätlese, Auslese) abgelöst. Diese findet nur noch bei süßen Weinen Anwendung. (Sieht unten)
Die Herkunftspyramide
Die Grundidee hinter dieser Klassifizierung ist die folgende: Ein Qualitativ hochwertiger Wein soll seine Herkunft klar widerspiegeln.
Die oberste Stufe: Lagenweine
Jeder Weinberg und jede Region ist einzigartig durch die Zusammensetzung des Bodens, das Klima, die Höhe und Sonneneinstrahlung. Die besten Weine kommen also aus einzelnen, klar abgegrenzten Weinbergen und Tragen deren Namen. Hier wird teilweise noch nach “Großen Lagen” und “Ersten Lagen” unterschieden, was die Qualität der einzelnen Weinberge etwas genauer unterteilen soll. (Beispiel: Rings – Riesling “Saumagen” Großes Gewächs)
Diese Weine aus großen Lagen profitieren (meist) davon, etwas reifen zu können. Das hängt auch stark vom Jahrgang ab, aber mit 10 Jahren Reifezeit liegt man selten Falsch. Bei Spitzenweinen aus guten Jahrgängen können es aber auch leicht 20 oder mehr sein.
Die Mitte: Ortsweine
Die nächste Stufe sind Weine, die aus einem bestimmten Ort innerhalb einer Region kommen und die allgemeine Charakteristik des Ortes widerspiegeln. Diese werden Ortsweine genannt. Hier werden Trauben aus verschiedenen Weinbergen des gleichen Orts verwendet. Meistens haben diese doch ähnliche Böden und ein ähnliches Klima. (Beispiel: Knewitz – Ingelheimer Spätburgunder)
Die meisten Ortsweine lassen sich auch wunderbar jung trinken. Aber auch ihnen tut Reife gut und nach ein paar Jahren bieten sie ein noch schöneres Erlebnis als ganz jung.
Die Basis: Gutsweine
Die unterste Stufe – die Gutsweine – spiegeln die Handschrift des Winzers und der Region wider. Die Trauben können aus verschiedenen Orten kommen, an denen das Weingut seine Weinberge hat. Gleichzeitig stellen die Gutsweine oft die Alltagsweine der Weingüter dar. Es sind die Weine, die am unkompliziertesten und meist am fruchtigsten sind. Die schon auf den Markt kommen, während die Lagenweine noch in Fässern lagern.
Und es sind die Weine, die eher dafür gemacht sind, jung getrunken zu werden. Doch selbst die meisten Gutsweine der guten Winzer lassen sich ohne Probleme für ein paar Jahre lagern.
VDP: Verband deutscher Prädikatsweingüter Der wichtigste Zusammenschluss von deutschen Weingütern, denen Qualität wichtiger ist, als Masse. Nur Mitglieder des VDP dürfen das Logo des Traubenadlers auf der Kapsel tragen. Und dieses ist tatsächlich ein Qualitätssiegel, sind doch die Regeln für Winzer innerhalb des VDP sehr streng. Müsste ich zwischen Weinen wählen, die ich nicht kenne, würde ich immer einen mit Traubenadler wählen. Aber: Der Umkehrschluss geht nicht: Ein Wein ohne Traubenadler ist nicht zwingend schlechter – was z.B. Knewitz beweist. Der VDP war der erste Verband in Deutschland, der die (vierstufige) Herkunftspyramide eingeführt hat. Die Weine tagen tragen die Bezeichnungen VDP Gutswein, VDP Ortswein, VDP Erste Lage und VDP Große Lage (bzw. Großes Gewächs oder einfach nur “GG”) |
Die alte Klassifizierung
Die früher verwendete Klassifizierung hatte nur ein einziges Kriterium: Wie süß waren die Trauben im Wein? In einer Zeit, in der Winzer das Problem hatten, vollreife Trauben zu ernten, hatte das auch eine Daseinsberechtigung. Ein Wein aus vollreifen Trauben war natürlich besser als aus unreifen. Doch in den letzten Jahren hat der Klimawandel dazu beigetragen, dass die meisten Ernten sehr gut waren und fast alle Trauben – und damit die Weine – sehr hochwertigen Klassifizierungen entsprachen.
Das führte leider dazu, dass deutsche Weine mit hochtrabenden Namen und Klassifizierungen den Markt überfluteten und sich das eigene System selbst zugrunde richtete. Die Klassifizierung half nicht mehr, Schrott von hochwertigen Weinen zu unterscheiden und der deutsche Wein stürzte, auch international, in eine große Krise.
Bei Süßen Weinen werden die alten Begriffe (Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese) noch weiterhin verwendet. Doch auch hier werten viele Winzer ihre Weine ab. Es geht stärker darum, ein Geschmacksprofil zu beschreien als die Süße der ursprünglichen Trauben. Und so weiß ich als Weintrinker, dass mich bei einem Kabinett von der Mosel ein feinfruchtiger, frischer Wein mit einem angenehmen Süße-Säure-Spiel erwartet. Selbst, wenn die Trauben genug Zucker für eine Auslese gehabt hätten.